Etwas außerhalb der Elmshorner Innenstadt liegt der private Forst Sibirien, dessen Name bei den allermeisten Auswärtigen oder Neuzugezogenen erst einmal für fragende Gesichter sorgt. Wer ihn ansteuert, möchte in der Regel entweder im Wald spazierengehen, ist zu einer Familienfeier in Sibirien eingeladen – oder hat Lust auf eine Partie Minigolf. Hier hat Claas Röbe-Oltmanns seine Kindheit und Jugend verbracht: „Es war wirklich ein Traum, hier aufzuwachsen“, erzählt der 27-Jährige, der in Flensburg BWL studiert. Er ist der älteste Sohn von Anette Thormählen, die das Areal zusammen mit ihrer Schwester Heike bewirtschaftet. „Ich habe hier viel Zeit verbracht, während meine Mutter und Tante bei der Arbeit stets in der Nähe waren. Nach der Schule konnte ich mich auf einem der drei Spielplätze austoben, auf dem Teich Ruderboot fahren oder natürlich Minigolf spielen.“
Die Minigolfanlage hat es ihm auch heute noch angetan: Im Frühjahr ist es seine Aufgabe, die Bahnen zu kärchern und die Hindernisse aufzubauen. „Das kann gut und gern zwei Tage in Anspruch nehmen.“ Auch an den Wochenenden ist häufig er derjenige, der vor Beginn der Öffnungszeiten die Bahnen fegt und vorbereitet. Wenn die Gäste eintreffen, gibt er Schläger und Bälle aus und verkauft den Kindern Eis. Er unterhält sich mit Stammgästen, die schon seit Jahrzehnten hierher kommen, und erklärt Neulingen die wenigen Regeln, die es beim Minigolf zu beachten gilt. Je nach Wetterlage kommen an einem typischen Sommertag zahlreiche Spieler*innen aus Elmshorn und Umgebung hierher.
„Meist sind es Eltern oder Großeltern, die mit ihren Kindern zum Minigolf kommen. Ab und zu auch mal Pärchen – und der Klassiker sind natürlich Kindergeburtstage.“ Auch für Firmen-Events wird die Minigolfanlage gern gebucht – nach Sonnenuntergang lassen sich die Bahnen beleuchten, sodass man auch im Dunkeln problemlos den Ball in eines der 18 Löcher befördern kann. Und wenn nebenan im Lokal eine Hochzeit oder ein runder Geburtstag gefeiert wird, spielen regelmäßig ein paar Gäste zwischendurch Minigolf. „Das Tolle an Minigolf ist, dass man es sogar in Anzug oder Abendkleid spielen kann“, meint Claas. Auch er selbst schwingt regelmäßig den Schläger und braucht normalerweise weniger als 40 Schläge für den gesamten Parcours.
Zwar ist Minigolf kein schweißtreibender Sport wie Fußball, Jogging oder Fitnesstraining. Doch dafür eignet sich die Aktivität alle Altersklassen und in der Regel auch für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Und weil die meisten Gäste mit dem Fahrrad herkommen und den Besuch auch mit einem Waldspaziergang verknüpfen, wird ein Trip zum Minigolf im Gesamtpaket dann doch zum aktiven Familienausflug, findet Claas und ergänzt: „Wenn es im Sommer mal besonders heiß ist, spenden die alten Bäume der Minigolfanlage Schatten, sodass es angenehm kühl ist.“
Vor allem während der Corona-Pandemie zeigten viele Menschen neues Interesse an Minigolf. Wirklich verwunderlich ist das nicht: Während Sportvereine und Fitnessstudios im Zuge der Lockdowns phasenweise sämtliche Trainings abblasen mussten, galten für Minigolfanlagen deutlich weniger Einschränkungen. Damit waren sie beliebte Ausflugsziele für Familien, denen im Home Office und beim Online-Unterricht bekanntlich oft die sprichwörtliche Decke auf den Kopf fiel. Umso wichtiger war es Familie Thormählen, Eltern und Kindern den Zugang zum Minigolf zu ermöglichen.
„Anfangs war zwar noch unklar, ob Minigolf von den Behörden als ‚Sport in Kleingruppen‘ eingestuft wird“, erinnert sich Claas. „Doch dann hat der Minigolfverband erwirkt, dass wir als Sportanlage geführt werden und damit auch während der Pandemie öffnen durften.“ Minigolf war eine der ersten Freiluftaktivitäten, die auch während der Zeit der Kontaktbeschränkungen wieder erlaubt waren. „Obwohl es deswegen zunächst hieß, dass auf dem Minigolfplatz als Sportanlage nicht gegessen und getrunken werden darf“, schmunzelt Claas, „dabei gehört es doch einfach dazu, beim Minigolf ein Eis zu essen!“ Dass die Gäste vor dem Beginn der Minigolfpartie ihre Kontaktdaten auf die obligatorischen Zettel eintragen und in eine Box werfen mussten, war im Vergleich dazu das kleinere Ärgernis – Hauptsache raus aus den eigenen vier Wänden und wieder ein bisschen Bewegung und Spaß unter freiem Himmel!
Die in der Coronazeit neu erwachte Begeisterung für Minigolf hält bis heute an: „Es kommen immer noch deutlich mehr Menschen als vor der Pandemie“, weiß Claas. Er möchte die Anlage, auf der er schon als Kind gespielt hat, deshalb gern für kommende Generationen erhalten. „Minigolf ist ein niedrigschwelliges Angebot, um sich gemeinsam an der frischen Luft zu bewegen“, meint er. Und das ist für Familien heute und morgen ebenso wichtig wie vor 50 Jahren, als die Minigolfanlage in Sibirien errichtet wurde.